Jetzt bis 30 % Schadenersatz bei Dieselklagen

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15 bis 30% Schadenersatz konnte Rechtsanwalt Michael Poduschka für österreichische Dieselkläger vor österreichischen Gerichten seit März dieses Jahres erstreiten. Die Analyse von 54 erfolgreichen Urteilen zeigt, dass nicht nur der VW Konzern, sondern auch andere Automarkten wie Fiat für manipulierte Autos in Österreich verurteilt wurden und Schadenersatz zahlen mussten.

Als regelrechter Turbo haben sich die wegweisenden Urteile der Höchstgerichte (EuGH,BGH,OGH) seit Februar dieses Jahres erwiesen. Die ganz aktuellen Urteile des Obersten Gerichtshofs (OGH) zugunsten von Diesellägern Kläger konnten sich auf diese Analyse noch gar nicht auswirken.

14 der 54 gefällten Urteile sprachen
den Geschädigten 30 % Schadenersatz zu

Damit lagen sie knapp gleichauf mit jenen 15 Urteilen, bei denen 15% des Kaufpreises als Schadenersatz zugesprochen wurden. „Rechnet man alle 54 Urteile durch, kommt man auf einen durchschnittlichen Schadenersatz von 20%“, teilt der erfolgreiche Rechtsvertreter auf Anfrage mit. Das entspreche genau jenem Prozentsatz, den zahlreiche Sachverständige für abgasmanipulierte Dieselfahrzeuge errechnet haben. 

Das Oberlandesgericht Linz hat am öftesten
einen Schadenersatz von 30% zugesprochen (in 8 Urteilen)

gefolgt vom Bezirksgericht Gmunden (in 4 Urteilen) und vom Landesgericht Wels (2 Urteile). Aus der Reihe fällt ein Verfahren vor dem Landgericht Wiener Neustadt, das einem Kläger 27 % Schadenersatz zuerkannt hat. Das Bezirksgericht Vöcklabruck entschied sich in zwei Verfahren für einen Schadenersatz von 25% und damit für denselben Prozentsatz wie das Landgericht St. Pölten in einem anderen Fall.

Besonders spannend ist
der Schadenersatz von 30%

den das Bezirksgericht Gmunden einem Autokäufer zugesprochen hat, der seinen VW Passat Variant (2 Liter, Abgasnorm Euro 6 plus) erst am 7. März 2021 als „Gebrauchten“ gekauft hatte. Dieser Passat war nicht mit dem Betrugsmotor EA 189 ausgestattet, sondern mit dessen Nachfolgemotor 288. Für dieses Auto hat es auch keinen Rückruf und kein Software-Update gegeben.

Trotzdem sprach das Bezirksgericht Gmunden dem Käufer einen Schadenersatz von 30% des Kaufpreises von 21.980 Euro zu, also 6.594 Euro. Hinzu kommen auch noch 4% Zinsen seit Einreichen der Klage am 15.11.2021. Geklagt wurde nicht der Händler, sondern die VW AG als Hersteller.

Denn der Hersteller hatte mit seiner Unterschrift unter die Übereinstimmungserklärung dokumentiert, dass das verkaufte Automodell den EU-Normen entspricht, was bei abgasmanipulierten Fahrzeugen aber nicht der Fall ist.

Die Argumentation des Gerichts,
salopp zusammengefasst:

weil es sich um ein Schutzgesetz handelt (lt. EuGH), hätte Volkswagen vor Gericht beweisen müssen, dass das Auto keine illegale Abschalteinrichtung hat bzw. dass eine etwaige Abschalteinrichtung ausnahmsweise zulässig sei. Das sei nicht passiert.

Ebenfalls 30 % Schadenersatz
plus 4% Zinsen

hat das OLG Linz einer Klägerin zugesprochen, die sich bei einem Autohändler in Linz am 29 April 2013 einen neuen Audi Q5 (2 Liter, Abgasnorm Euro 5, mit Betrugsmotor EA 189) gekauft hatte. Sie hatte am 28.10.2016 ihr Auto brav zum Software-Update gefahren, als Audi sie dazu aufforderte.

Als sie von einer Freundin erfuhr, dass auch nach den Software-Updates noch immer illegale „Thermofenster“ im Auto eingebaut waren und durch das Software-Update der ursprüngliche Schaden nicht behoben war, schaltete sie Rechtsanwalt Poduschka ein und klagte am 18. Februar 2021 die Volkswagen AG als Hersteller.

Jetzt bekam sie vom OLG Linz als Berufungsgericht 13.406 Euro Schadenersatz zugesprochen, was 30% des ursprünglichen Kaufpreises von 44.688,06 Euro entspricht. Dazu kommen noch Zinsen und – was den Fall spannend macht:

VW muss für alle künftigen Schäden haften, die aus der Manipulation bzw. aus dem Software-Update resultieren. Dasselbe OLG Linz vergatterte VW in einem zweiten Fall ebenfalls zu einem Schadenersatz von 30% oder 13.500 Euro plus 4% Zinsen.

Diesmal ging es um einen Audi Q5, der vor zwölf Jahren im August 2011 als Neufahrzeug für 45.000 Euro gekauft worden war. Geklagt wurde auch in diesem Fall erst im Februar 2021, als klar wurde, dass durch das 2016 aufgespielte Software-Update der ursprüngliche Schaden nicht behoben worden war.

Spannend sind zwei Urteile gegen Fiat

als Hersteller des Fiat Ducato, der als Basismodell für Wohnmobile hergenommen wurde. Das Landesgericht St. Pölten verurteilte Fiat zu einem Schadenersatz von 25% oder 12.050 Euro plus 4% Zinsen für einen Ducato, den der Käufer am 30.6.2020 als Gebrauchtwagen für 48.200 Euro von einer Privatperson gekauft hatte.

Das Landesgericht Wiener Neustadt sprach 15% Prozent oder 13.360 Euro Schadenersatz plus 4% Zinsen dem Besitzer eines Wohnmobils Carthago C-Comfortline zu, der ebenfalls einen Fiat Ducato (Abgasnorm 5b) als Basismodell hatte. Gekauft worden war der Carthago bei einem Händler in Neunkirchen am 8. November 2013.

Geklagt wurde erst am 15.7.2022, als der österreichische Kläger erfahren hatte, dass im Ducato – einem sehr verbreiterten und beliebten Modell in der Wohnmobil-Szene – zwei unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut waren.

Die Abgasreinigung wurde jedes Mal abgeschaltet, sobald das Auto 22 Minuten auf der Straße gefahren war und immer dann scheibchenweise zurückgeschaltet, sobald die Außentemperaturen unter 17 bzw. 20 Grad Celsius betrugen.

Obwohl es für den Ducato keinerlei Rückrufe oder Software-Updates gegeben hatte, zog in beiden Fällen das Argument: Fiat hat es versäumt zu beweisen, dass keine illegale Abschalteinrichtungen vorliegen.