Der EuGH hat am 1. August 2025 ein wegweisendes Urteil veröffentlicht, das alle Autohersteller betrifft, die in Autos unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut haben. Ich habe dazu jenen Anwalt gefragt, der in Österreich die meisten individuellen Dieselklagen eingebracht hat, Mag. Michael Poduschka. Drei zentrale Fragen hat der EuGH beantwortet.
Frage 1: Dürfen sich die Autohersteller bei der Zulassungsbehörde abputzen, die manipulierten Autos eine EU-Typengenehmigung erteilt hat?
Antwort Poduschka: „Der EuGH schneidet den Autmobilherstellern ein – für allemal die Berufung auf den angeblich „unvermeidbaren Verbotsirrtum“ ab. Begründet wurde dies damit, dass ansonsten die Erlangung von Schadenersatz für Geschädigte in Fällen des Vorliegens einer Rechtswidrigkeit unmöglich wäre. Logisch, oder? Die Abschalteinrichtung wurde vorsätzlich verbaut (die ist nicht irrtümlich verbaut worden). Beim Einbau war dem Hersteller bewusst, dass er eine solche Vorrichtung einbaut. Damit ist laut EuGH jede Ausrede ausgeschlossen.“
Frage 2: Spielt es eine Rolle, ob die unzulässige Abschalteinrichtung von vornherein im Auto eingebaut war (bei der Typengenehmigung) oder erst nachträglich eingebaut wurde, bei Aufspielen des Software-Updates?
Antwort Poduschka: „Es spielt keinerlei Rolle, ob die Abschalteinrichtung von Anfang an eingebaut war oder ob sie nachträglich im Zuge einer „Verbesserung“ installiert wurde.
In Deutschland wird nunmehr diskutiert, ob diese Antwort die Verjährung erneut in Gang setzen könnte. Dort gilt eine zehnjährige Verjährungsfrist.
In Österreich ist dies meiner Ansicht nach unerheblich, da spätestens seit der Verurteilung der Manager im Strafverfahren am 26. Mai 2025 feststeht, dass bei uns ohnehin die 30‑jährige Verjährungsfrist gilt.
Zum Glück haben wir in Österreich diese lange 30 Jahre Frist und nicht lediglich zehn Jahre. Einen Freispruch der Manager in zweiter Instanz halte ich für nahezu ausgeschlossen.“
Ergänzung dazu: am 26. Mai 2025 wurden vier Manager des VW Konzerns in Braunschweig in erster Instanz wegen Betrugs verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. In manchen Medien wurden diese vier Verurteilungen als „Bauernopfer“ betrachtet, weil die oberste Management-Riege des Konzerns verschont blieb. Bei Audi war der damalige Chef, Alfrede Stadler verurteilt worden, ebenso nicht rechtskräftig.
Frage 3: Was sagt der EuGH zur Höhe des kleinen Schadenersatzes, der immer dann zur Geltung kommt, wenn das Auto weitergefahren wird?
Antwort Poduschka: „Meines Erachtens hat sich der Europäische Gerichtshof mit der Frage der Anrechnung eines Nutzungsentgelts nicht wirklich auseinandergesetzt. Lediglich in Rz 107 findet sich dazu ein Halbsatz, allerdings ohne jede Begründung. In Österreich orientiert sich der Oberste Gerichtshof (OGH) ohnehin an einer Spanne von rund 10 bis 15 % beim EA189 und reduziert diesen Betrag um 2–3 %, wenn der Käufer besonders viele Kilometer gefahren ist.
Riedler (zuletzt in der ZAK 2025) – und auch ich – vertreten die Auffassung, dass dieser Abzug gegen das österreichische Recht verstößt, da der Schaden objektiv zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu berechnen ist und danach weder größer noch kleiner werden kann.
Der Europäische Gerichtshof stellt in seiner Antwort auf die dritte Frage lediglich fest, dass unter bestimmten Umständen das nationale Gericht – also das österreichische Gericht – eine Nutzung berücksichtigen darf, nicht aber, dass es dies muss.
Da eine solche Berücksichtigung der längeren Nutzung zulasten des Käufers meiner Ansicht nach gegen nationales Recht verstößt, wird sie nichts ändern.“