Halbherzige Sammelklage in Österreich – Deutsche Musterfeststellungsklage exklusiv für Deutsche
Zwar reagierte in Österreich der Verein für Konsumenteninformation (VKI) sehr rasch auf den Dieselskandal: Sofort nach Platzen des Dieselskandals fing der VKI unter dem damaligen Leiter der Rechtsabteilung, Dr. Peter Kolba, damit an, potenzielle Kläger zu sammeln.
Bis zu 68.000 meldeten sich und bescherten dem VKI den bis dahin größten Zulauf bei einer Sammelaktion seit Bestehen. Da zunächst keine Sammelklage zustande kam, bot der VKI den Autohaltern an, sich für einen Organisationsbeitrag von 90 Euro als Privatbeteiligte dem Strafverfahren gegen VW anzuschließen, damit ihre Ansprüche nicht verjähren. Davon machten 12.000 Interessierte Gebrauch.
Drei Jahre später kam endlich grünes Licht für die VKI Sammelklagen. Inzwischen hatte der rührige Konsumentenschützer Dr. Peter Kolba den Verein für Konsumenteninformation (VKI) auf eigenen Wunsch verlassen. Nach seinen Aussagen bewog ihn dazu der Umstand, dass der VKI in Zusammenhang mit dem VW Dieselskandal nicht all seine rechtlichen Handlungsmöglichkeiten ausschöpfen durfte.
Es dauerte bis Februar 2018, bis die schwarz-blaue Regierung dem Verein für Konsumentenschutz (VKI) grünes Licht zur Einreichung von Sammelklagen gegen VW gab. Auch die Arbeiterkammer unter Präsident Rudi Kaske (SPÖ) gab Flankenschutz dafür.
Höchste Eile war geboten
Denn im September 2018 verjährten aller Ansprüche gegenüber Händlern. Der Sammelklage schlossen sich rund 10.000 Betroffene an. 10.000 von 383.00 betroffenen Autos des VW Konzerns (VW, Seat, Skoda, Audi) mit dem Betrugsmotor EA 189 sind nur ein Klacks.
Allerdings waren von dieser VKI Sammelklage Unternehmer und Institutionen ausgeschlossen. Zudem war die Anmeldefrist zur Klage auf eineinhalb Monate beschränkt, was den geringen Zulauf zumindest teilweise erklären mag. Von den 12.000 Privatbeteiligten schlossen sich dann nur 10.000 der VKI Sammelklage gegen VW an.
Während sich die österreichische Sammelklage jahrelang hinzog kam es in Deutschland „bereits“ Ende Februar 2020 zu einem Vergleich mit VW. Treiber dafür waren einerseits drohende Höchstgerichtsurteile gegen VW und andererseits die Einführung einer neuen Form der Sammelklage in Deutschland im November 2018: die Musterfeststellungsklage.
Dabei konnten sich Betroffene kostenlos registrieren und mit Hilfe der Musterfeststellungsklage die wichtigsten rechtlichen Fragen klären lassen. Sofort nach Inkrafttreten strengte die deutsche Konsumentenschutzorganisation „Verbraucherzentrale Bundesverband“ (vzbv) eine Musterfeststellungsklage gegen VW ein, für die sich zunächst 440.000 Personen interessierten.
Nach zwei mündlichen Verhandlungen einigte man sich auf Vergleichsverhandlungen. Ende Februar 2020 wurde ein Vergleich erzielt. Im Endeffekt stimmten 245.000 deutsche Kläger dem Vergleich zu, für den VW 770 Millionen Euro springen ließ, also 3.142 Euro im Schnitt pro betroffenen oder rund 15% des ursprünglichen Kaufpreises.
Der in Österreich von Dr. Peter Kolba neu gegründete Verbraucherschutzverein (VSV) nützte zwar die Chance, 1.100 Österreicher und Südtiroler an diese neue Musterfeststellungsklage in Deutschland zu beteiligen.
Es wurde aber nur ein halber Erfolg: die österreichischen und italienischen Kläger wurden wie alle anderen ausländischen Käufer von diesem VW Vergleich mit deutschen Kunden ausgeschlossen.
Immerhin konnte mit dieser Aktion die drohende Verjährung aller Ansprüche verhindert werden. Der VSV ermöglichte es später jenen 600, die nicht aufgeben wollten, individuelle Klagen gegen VW in Deutschland – mit Hilfe eines Prozessfinanzierers. Ende 2024 bzw. Anfang 2025 konnte der VSV diese Klagen mit Hilfe von Vergleichen erfolgreich beenden.
Zurück zu Österreich
Hier mussten die 10.000 Sammelkläger bis Oktober 2024 auf einen Vergleich warten. Im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs zahlte VW 23 Millionen Euro an rund 10.000 Sammelkläger, also durchschnittlich 2.300 Euro pro Kläger und Klägerin. Das entspricht 8,8% des ursprünglichen Kaufpreises der manipulierten Fahrzeuge und 40% des eingeklagten Streitwerts von 60 Millionen Euro.
Alle Kläger wurden gleichberechtigt behandelt, es zählte nur der Kaufpreis. Das Alter der Fahrzeuge und die gefahrenen Kilometer spielten keine Rolle. Es war auch egal, ob das Auto geleast (Kaufleasing), als Gebrauchtwagen gekauft oder inzwischen weiterverkauft wurde. Bei den knapp 140 verstorbenen Klägern und Klägerinnen kamen die Erben zum Zug.
Mit diesem Vergleich ist allerdings lediglich ein erstes Kapitel des VW Skandals abgeschlossen. Denn noch immer können VW Käufer klagen, die jemals so ein Betrugsauto gekauft haben.