Das neueste EuGH-Urteil stärkt alle Dieselkläger, nicht nur gegen VW

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Das neuste EuGH-Urteil von 1. August ist Wasser auf den Mühlen aller Diesel-Kläger; es betrifft nicht nur den VW-Konzern, den das Urteil direkt betrifft, sondern alle anderen Autokonzerne mit unzulässigen Abschalteinrichtungen in Dieselautos, vor allem auch Mercedes bzw. Opel, Renault. 

Obwohl dieses Urteil der europäischen Höchstrichter in den einzelnen Nationalstaaten umgesetzt werden muss, stärkt es alle, die in Österreich mit Hilfe des VSV die Möglichkeit nutzen, doch noch Schadenersatz für ihre manipulierten VW Autos (Seat, Skoda, Audi) zu erkämpfen, die zwischen 2008 und 2014 gebaut und bis 2015 als Neufahrzeuge zugelassen wurden. 

Mit dem neuesten EuGH-Urteil sind zwei Argumentationslinien des VW Konzerns wie Seifenblasen geplatzt:

Erstens kann sich VW nicht darauf ausreden, dass die deutsche Zulassungsbehörde „Kraftfahrt-Bundesamt“ (KBA) auch für manipulierte Autos eine EG-Typgenehmigung ausgestellt hat. Dass ein Auto so eine EG-Typgenehmigung hat, bedeutet laut EuGH nicht automatisch, dass die Behörde auch eine unzulässige Abschalteinrichtung genehmigt hat oder genehmigt hätte, wenn man sie gefragt hätte.

VW darf sich daher die Haftung für den Schadenersatz nicht auf das „Deutsche Kraftfahrt-Bundesamt“ (KBA) abwälzen, sondern muss selber Schadenersatz leisten. (Juristisch gesagt, dürfen sich die Wolfsburger nicht auf einen sogenannten „Verbotsirrtum“ berufen. Dieser liegt vor, wenn jemand nicht weiß oder falsch einschätzt, dass sein Verhalten verboten und damit rechtswidrig ist)

Zweitens spielt es keine Rolle, ob die unzulässigen Abschalteinrichtungen schon von Anfang an in den Autos eingebaut waren oder erst später, beim Software-Update eingebaut wurden. Auch hier kann sich VW nicht damit entlasten, dass das KBA unzulässige Abschalteinrichtungen genehmigt hatte oder genehmigt hätte (auf Nachfrage). Bekanntlich hat VW ja auch bei der „Reparatur“ des ursprünglichen Dieselbetrugs – beim Software-Update – neuerlich unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut, die dem KBA gegenüber offengelegt worden waren.

Zwei Details sind spannend

Erstens: Der EuGH sieht auch jene „Thermofenster“ als unzulässig an, die schon ab einer Außentemperatur von +12 Grad aufwärts die Abgasreinigung komplett einschalten und nicht erst ab +15 Grad wie bei den klassischen Dieselautos mit dem Betrugsmotor EA 189.

Zweitens wird die Abschalteinrichtung eines VW Fahrzeugs mit dem Nachfolgemodell EA 288 als unzulässig beurteilt, obwohl VW stets vehement bestritten hatte, auch bei jenen Modellen manipuliert zu haben, die nach Platzen des Dieselskandals produziert und bis 2016 als Neufahrzeuge verkauft wurden.

Der EuGH urteilt auch noch über die Höhe des sog. „kleinen Schadenersatzes“, der dann ins Spiel kommt, wenn man mit dem manipulierten Auto weiterfährt. Für diesen „kleinen Schadenersatz“ gilt eine Bandbreite von 5 bis 15% des ursprünglichen Kaufpreises, sowohl in Deutschland als auch in Österreich. Hier bestätigt der EuGH, dass dieser „kleine Schadenersatz“ maximal 15% ausmachen darf, vorausgesetzt diese Summe ist „angemessen“.

Der EuGH bestätigt auch eine Berechnungsmethode, die derzeit nur in Deutschland angewendet wird, nicht aber in Österreich: demnach muss man auch beim „kleinen Schadenersatz“ die gefahrenen Kilometer und den aktuellen Wert des Fahrzeugs berücksichtigen.  

Volkswagen bewertete die Bedeutung des Urteils in einer Stellungnahme als gering. Wie der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) die Vorgaben in nationales Recht umsetzen werde, sei zwar noch nicht absehbar, hieß es. Unabhängig davon gehe man aber von überschaubaren Auswirkungen für Volkswagen aus, weil nur noch wenige Diesel-Klagen vor deutschen Gerichten anhängig seien.