Dieselgipfel: Her mit Hardware!

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Warum stehen die Besitzer manipulierter VW Autos nun als totale Loser da? Der Dieselgipfel bringt allen satte Prämien, die ihre sieben Jahre alten oder älteren  Diesel-Autos der Euro Abgasklassen 4 und älter (vor 2011 zugelassen) verschrotten und sich dafür ein neues Auto kaufen. Für die manipulierten VW-Autos der Euro Abgasklasse 5, die erst seit 2011 zugelassen sind, gibt es Null Prämien. Noch dazu kippt der Gebrauchtwagenmarkt. Immerhin gibt es nun 1,7 Millionen alte Diesler, die gegen Prämien verschrottet werden können!

Sofern die Händler tatsächlich ihre handelsüblichen Rabatte mit den versprochenen Prämien der Hersteller „auffetten“, wären alle neuen Fahrzeuge der Abgasklasse 6 bis Jahresende extrem günstig zu haben. Wer sich bisher stets mit einem „Gebrauchten“ begnügte, steigt jetzt vielleicht erstmals auf ein Neufahrzeug um oder zieht den Kauf eines neuen vor. (Wie die „Ökoprämie“ im Jahr 2009 zeigte, ist die „Gier“ reicherer Menschen, die sich überhaupt ein Auto leisten können, nicht zu unterschätzen).

Dadurch wird der Gebrauchtwagenmarkt gehörig zusammenbrechen, der in Österreich mehr als doppelt so groß ist als der Markt für Neufahrzeuge. Nicht nur die Preise für die 394.000 manipulierten Diesler aus dem Haus VW werden in den Keller rasseln, sondern sämtlicher 873.000  Euro 5 Diesel-Autos, die zwischen Anfang 2011 bis Ende 2015 zugelassen wurden.

Selbst wer mit seinem manipulierten VW-Auto zum Update fährt, kann den Wiederverkaufspreis nicht retten. Schließlich hat VW sämtliche Garantien und Informationen verweigert, um wieviel die Stickoxid-Emissionen durch das Update sinken. Unbestritten ist, dass Autos der Abgasklasse 5 auf der Straße ein Vielfaches des gesetzlichen Grenzwertes an Stickoxid ausstoßen und Vorher-Nachher-Test zeigen, dass das Update nicht viel daran ändert. Einige Fahrzeuge wie der Tiguan stoßen danach in der Stadt sogar mehr Stickoxid aus als davor. Und die Stickoxid-Emissionen sind entscheidend dafür, ob ein Auto künftig aus den Städten verbannt wird oder nicht!

Während wir Besitzer manipulierter Fahrzeuge in punkto Stickoxid-Ausstoß auch nach dem Gipfel weiterhin völlig im Dunkeln tappen müssen, wird all jenen Fahrzeugbesitzern, deren Autos im nächsten Jahr freiwillig zurückgerufen werden, immerhin ein Sinken der Stickoxide-Emissionen von 25 bis 30 % in Aussicht gestellt.

Während wir unsere manipulierten Fahrzeuge in die Werkstätte zwangsweise zurückbringen müssen, weil wir sonst die Zulassung verlieren, werden unsere Brüder und Schwestern mit den neueren Autos mit Gutschriften und Gewährleistungen zum Rückruf gelockt. Es gibt keine Sanktionen, wenn sie dem Rückruf nicht folgen und für etwaige Folgeschäden durch das Update soll es Gewährleistungen geben. Davon können wir unfreiwillige Besitzer manipulierte Fahrzeuge nur träumen. Wir müssen kämpfen und lästig sein, wenn unser Fahrzeug nach dem Update plötzlich „spinnt“!

Schon bisher hatte die Politik kein Herz für betrogene VW-Fahrer, weder in Deutschland noch in Österreich. Die Diesel-Gipfel zeigen, dass sich nichts daran geändert hat.

Dabei liegt die Lösung klar auf der Hand: nur mit einem Hardware-Umrüstung, also mit einem nachträglichem Einbau effizienter Reinigungssysteme haben Euro 5 Dieselfahrzeuge die Chance, ihren Marktwert halbwegs zu halten. Seriöse Untersuchungen haben gezeigt, dass es in vielen Autos – wie im VW Passat – möglich ist, durch Hardware-Umrüstung die Stickoxid-Emissionen um 90 Prozent zu senken. Ein Pkw, der auf der Straße 900 Milligramm Stickoxid pro Kilometer  (mg/km) ausstößt käme dann auf 90 mg/km und wäre damit besser als ein nagelneuer Euro 6er!

Eine effiziente Umrüstung  wäre auch im Interesse des Autohandels. Da mindestens die Hälfte des Gebrauchtwagenmarktes der Autohandel selbst abwickelt (die andere Hälfte die Privaten), drohen den Autohäusern massive Abwertungen  auch „ihrer“ Gebrauchten.

VW und die Autobranche haben bis dato eine Hardware-Umrüstung rundweg abgelehnt, die mit zirka 2.500 Euro viel mehr kostet als ein reines Software-Update mit 60 Euro die Stunde. VW-Boss Matthias Müller begründete dies nach dem Diesel-Gipfel in Deutschland wie folgt: “Ich möchte meine Ingenieure zukunftsorientiert arbeiten lassen. Und nicht rückwärtsgewandt.” Nicht an Motoren, “die zehn und 15 Jahre alt” sind. Die Herren von BMW und Daimler, die neben Müller standen, hatten nichts hinzuzufügen. Mit anderen Worten: Was kümmert mich mein Kundenbetrug von gestern?

Die Politik ist gefordert, Herrn Müller und Co von ihrem hohen Ross herunterzuholen. Zum Glück ist jetzt Wahlkampf in Deutschland und die erfahrene Bergwanderin Angelika Merkel hat schon verstanden, dass das Gipfel-Ergebnis in Deutschland zu mickrig war. Zum Glück gibt es auch Wahlkampf  in Österreich mit kräftigen Stimmen pro Verbraucher wie Peter Kolba von der Liste Pilz, die sich vehement für eine Hardware-Umrüstung, eine echte Gruppenklage und eine Verlängerung der Verjährungsfristen einsetzt. Auf zum zweiten Diesel-Gipfel – aber noch vor den Wahlen!