günstige Marscherleichterung für VW, Stress für Käufer, wenig wirksam
Unglaublich, aber wahr: die deutsche Regierung stellte dem Konzern für die Rückrufe zwar vier Auflagen, aber die Einhaltung oder die Senkung der Abgaswerte war nicht darunter. Vorrangig war, dass der Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen unverändert blieben, ebenso die Motorleistung, der Drehmoment und das Motorgeräusch.
Das KBA, das die Rückrufe freigeben und kontrollieren sollte, genehmigte dem Konzern obendrein eine erstaunliche Marscherleichterung. So wurde nicht etwa die Einhaltung des gesetzlich erlaubten Höchstwertes für das schädliche Abgas Stickoxid vorgeschrieben (180 Milligramm pro km), sondern
„Zielwerte“:
auch nach dem Software-Update durften diese Autos noch 540 bis 900 mg von diesem umwelt- und menschenschädigenden Abgas auf der Straße ausstoßen; das ist das Drei-bis Vierfache des erlaubten Höchstwertes. (Das ist so, als ob die Polizei genehmigen würde, dass man im Stadtgebiet statt der gesetzlich vorgeschriebenen 50 km/h bis 150 oder 200 km/h fahren darf, ohne bestraft zu werden!)
Wer also glaubt, dass durch das Entfernen des Dreckmodus die Autos ständig im Saubermodus fahren, irrt. Denn die deutsche Zulassungsbehörde erlaubte, dass im Zuge des Software-Updates sogenannte „Thermofenster“ eingebaut werden dürfen.
Unter dem irreführenden Begriff „Thermofenster“ ist zu verstehen, dass die Abgasreinigung (AGR-System) immer nur bei gewissen warmen Außentemperaturen voll funktioniert und ansonsten ganz oder teilweise ausgeschaltet wird.
Bei VW funktionierte die Abgasreinigung stets nur im Sommer, wenn es draußen zwischen +15 und +33 Grad hatte.
Oberhalb und unterhalb davon wurde die Abgasreinigung reduziert und die Autos fuhren wieder im Schmutzmodus. Dieses Wegschalten der Abgasreinigung bei kalten Temperaturen wurde mit dem Schutz der Motorbauteile begründet.
Besonders wichtig für Österreich
ist eine weitere Marscherleichterung des KBA ab einer Meereshöhe von 1.000 Meter Meereshöhe durfte die Abgasreinigung (AGR) komplett ausgeschaltet bleiben, das ganze Jahr über.
Durch die 136 Orte in Österreich, die über 1.000 Meter liegen, fahren alle manipulierten Dieselautos das ganze Jahr über im Dreckmodus – auch nach dem Software-Update!
Ausgerechnet solche Ferienorte und Erholungsgebiete kriegen von Dieselautos der Gäste und der Einheimischen im Winter und Sommer die volle Abgaslast ab. Bis heute! (2025)
Bis Ende 2016 sollten in ganz Europa diese Software-Updates in die manipulieren 8,5 Millionen VW Autos aufgespielt werden.
Bis Mitte 2017 (fast zwei Jahre) hat es gedauert, bis diese Software-Updates überhaupt freigegeben wurden.
Auch Ende 2017 als Termin für das Ende der Software-Updates hielt nicht. Noch im Jahr 2022 hatten 1,2 Millionen VW Autos kein Software-Update. Keiner der ehrgeizigen Ankündigungen wurde eingehalten.
Während man dem Täter Marscherleichterung gewährte, übte man umso mehr Druck auf die Opfer aus – auf die Käufer der manipulierten Autos.
Sowohl in Deutschland als auch in Österreich drohten die jeweiligen Verkehrsminister (Dobrindt, Stöger) ganz offen: wer nicht zum Software-Update fährt, riskiert, die Zulassung zu verlieren.
Dann kann man mit dem Auto weder fahren, es auch nicht verkaufen oder anmelden. Auch Autofahrerclubs rieten zum Update.
Die deutsche Regierung und VW beteuerten, dass es durch das Software-Update zu keinerlei Schäden bei den Autos kommen werde.
Tatsächlich gab es aber Probleme, die in Österreich durch den Verein für Konsumenteninformation (VKI) und den neu entstandenen zivile Plattform CobinClaims dokumentiert wurden:
Autos blieben plötzlich stehen, verbrauchten nachher mehr Sprit, hatten vorzeitig verstopfte Partikelfilter, ein anderes Motorverhalten, neue Geräusche.
Nach beharrlichem Leugnen räumte VW ein, dass es in 1 bis 2 Prozent der Fälle Probleme nach dem Update gegeben habe.
Rein technisch sind solche Probleme durchaus nachvollziehbar: wenn die einfach gestrickte Abgasreinigung (die AGR) jetzt öfter betätigt wird, entsteht mehr Feinstaub (Russpartikel) und der Partikelfilter wird schneller verstopft.
Auch Teile des AGR Systems werden durch die häufigere Nutzung früher kaputt, eine Reparatur kommt oft teuer, das geht rasch in die Tausende.
Warum man das AGR-System nicht das ganze Jahr lang aktivieren kann, hat der deutsche Abgasexperte Dr. Axel Friedrich mit folgenden Worten auf den Punkt gebracht:
„Die AGR ist eine billige Lösung, die von vornherein nicht dazu taugt, rund um die Uhr zu funktionieren, geschweige denn ein ganzes Autoleben.“
Auch wirtschaftlich kommt VW mit den Software-Updates günstig davon: Ein Software-Update ist in einer ganzen oder halben Stunde erledigt und kostet 70 bis 200 Euro.
Eine Hardware-Nachrüstung kostet stattdessen mindestens 1.500 Euro pro Auto – wobei nicht alle Fahrzeuge dafür in Frage kommen.
Bei 8,5 Millionen Rückrufen in Europa kostet das Software-Update zwischen 600 Millionen und 1,7 Mrd. Euro, während ihre Nachrüstung mit Hardware 12,8 Mrd. Euro verschlingen würde.
Tatsächlich
Was die tatsächliche Senkung der viel zu hohen Abgaswerte betrifft, erwies sich das Software-Update als wenig effizient. Sowohl die Messungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) als auch die der deutschen Behörde KBA ergaben eine Reduktion von maximal 30 bis 40 Prozent, womit der gesetzlich vorgeschriebene Grenzwert auch nach dem Software-Update bei weitem überschritten wird.
Angesichts der eingebauten „Thermofenster“ ist diese geringe Reduktion aber nicht weiter überraschend.