Durchbruch für Käufer, Umwelt und Deutsche Umwelthilfe
Mega-Gau für Volkswagen und andere Dieselhersteller und ein ultimativer Durchbruch für Dieselkäufer und Umwelt. Anders kann man das neueste, wegweisende Urteil des Oberverwaltungsgericht Schleswig vom 25.September 2025 nicht nennen, das unabsehbare Folgen für Millionen von Dieselhalter haben wird, weit über Deutschland hinaus. Auch in Österreich könnten 1,66 Millionen Dieselfahrzeuge betroffen sein. Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, der nach zähem, jahrelangem Kampf dieses Urteil gemeinsam mit Dr. Axel Friedrich und Remo Klinger erkämpft hat, forderte eine rasche Umsetzung dieses Urteils in Deutschland.
Konkret fordert er den amtlichen Rückruf von 7,8 Millionen Dieselfahrzeugen in Deutschland, damit sie entweder echt sauber gemacht oder auf Kosten der Hersteller stillgelegt werden.
Das Oberverwaltungsgericht bestätigt in dem gestern Abend veröffentlichten Urteil, das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) rechtswidrig verbotene temperatur- und höhenabhängige Abschalteinrichtungen freigegeben hat und das KBA daher Abhilfe schaffen muss. Das Urteil bezieht sich konkret auf einen VW Golf 2.0 TDI mit dem EA 189 Motor der Abgasstufe 5. Da dieser Golf aber als Musterfall für alle anderen 118 weiteren anhängigen Verfahren gilt, sind in der Folge auch andere Automodelle von VW, Audi, Seat und Porsche und – wichtig! – weitere Automarken wie Mercedes, BMW, Opel, Renault, Fiat usw. betroffen, in denen ähnliche illegale Abschalteinrichtungen eingebaut sind.
Da die Typengenehmigung des KBA nicht nur für Deutschland gültig ist, sondern auch die Voraussetzung für eine Zulassung in Österreich, sind in Österreich – genauso wie in Deutschland – fast alle Dieselfahrzeuge der Abgasnormen Euro 5 bis 6c betroffen, die zwischen 2009 und 2017 gebaut und bis September 2019 als Neuwagen gekauft wurden, also 1,66 Millionen.
Zurück zu den konkreten Ereignissen in Deutschland: In ihrer Pressemitteilung erinnert die Deutsche Umwelthilfe daran, dass Millionen von Dieselfahrzeugen mit illegalen Abschalteinrichtungen und dadurch stark erhöhtem Stickoxid-Ausstoß bis heute auf den Straßen herumfahren und allein in Europa 28.000 Menschen durch Stickstoffdioxid sterben. Mit einer zügigen Umsetzung dieses Urteils können tausende Todesfälle pro Jahr durch das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid vermieden werden.
Dazu Jürgen Resch im O-Ton: „Das heutige Urteil ist eine schallende Ohrfeige für alle Verkehrsminister der letzten zehn Jahre, die die Gewinne der Autokonzerne über die Gesundheit der Bevölkerung gestellt haben. Selbst zehn Jahre nach Dieselgate hat bisher kein Verkehrsminister die Autohersteller für ihre betrügerischen Machenschaften zur Verantwortung gezogen, obwohl die Unzulässigkeit der eingesetzten Abschalteinrichtungen aufgrund von Klagen der DUH bis zum Europäischen Gerichtshof mehrfach bestätigt wurden. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder muss nun das Kraftfahrt-Bundesamt anweisen, das Urteil zu akzeptieren und die 7,8 Millionen Betrugsdiesel-Pkw entweder mit einem auch in den Wintermonaten wirksamen Abgasreinigungssystem nachrüsten oder stilllegen zu lassen, samt finanzieller Entschädigung der Fahrzeughalter durch die betrügerischen Dieselkonzerne.“
Für Rechtsanwalt Remo Klinger ist das Urteil auch „ein starkes Signal für unsere unabhängige Justiz“. Eine Justiz, bei der es nicht darauf ankommt, ob man mit dutzenden Parteivertretern in der Verhandlung erscheint und auch nicht entscheidend ist, wieviel Geld man in einen Prozess investieren kann. Es entscheidet allein das Recht und das Argument.“
Der weite Weg bis zu diesem Urteil, gegen das keine Revision mehr eingelegt werden kann, nur eine Beschwerde gegen die Nicht-Einräumung der Revision wäre noch möglich.
Im April 2018 reichte die DUH Klage gegen die deutsche Bundesregierung, vertreten durch das KBA. Nachdem der Europäische Gerichtshof im November 2022 die Klageberechtigung der DUH bestätigt hatte (C 873/19), folgte im Februar 2023 das Verwaltungsgericht Schleswig derselben Auffassung und gab der Klage statt (3 A 113/18). Dagegen legten das KBA und der beigeladene VW-Konzern Berufung ein. Diese verhandelte nun das Oberverwaltungsgericht Schleswig und gab der DUH jetzt recht.