Gegenforderungen an Autoindustrie

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Volkswagen drückt jetzt  auf die Tube und rast rasant in Richtung Elektromobilität. Der Weltkonzern  buttert nun Milliarden in eine Technologie, die er seit Jahren sträflich vernachlässigt hat.  Stattdessen hielten die Wolfsburger eisern an ihrer alten Diesel-Technologie fest, mit der sie – mangels Zukunftsinvestitionen – umso sattere Gewinne einfuhren: in Summe häuften sie 93,2 Milliarden Euro an operativen Gewinn seit 2008 an.

Obendrein hat der Konzern – wie wir aus den Geständnissen in den USA und der Milliarden-Strafzahlung in Deutschland wissen –  jahrzehntelang Behörden, Kunden und Öffentlichkeit in die Irre geführt, mit falschen Angaben über Abgase.Dass Nachzügler VW vehement in die Elektro-Zukunft starten will, hat einen Grund: Ohne massiven Anteil an Elektroautos ab dem Jahr 2020 drohen dem Konzern Strafen in Milliardenhöhe, weil er das gesteckte CO2 Flottenziel nicht erreichen kann.

Flottenziel heißt: im Schnitt dürfen alle in Europa verkauften Modelle nur 95 Gramm CO2 ausstoßen. Warum ist das Flottenziel in Gefahr? Immer mehr Kunden –selbst in der „Dieselhochburg“ Österreich – haben die Nase buchstäblich voll vom Diesel und kaufen mehrheitlich Benziner. Kein Wunder nach dem Dieselbetrug und seiner ausgesprochen kundenfeindlichen Aufarbeitung mit fehlerhaften Software-Updates, durch die das eigentliche Problem – Abgase – bei weiten nicht behoben wurden und Dieselverbote und Wertverlust drohen!

Da Benziner  15% bis 20% mehr CO2 ausstoßen als Diesel-Autos, kracht das Kalkül des Konzerns zusammen: mehr verkaufte Benziner erhöht den Flottendurchschnitt – und rückt die 95 g Marke  in unerreichbare Ferne!

Also her mit den E-Autos. Sie zählen bei der Berechnung des CO2-Flottenziels als Null –  weil ja beim Fahren kein CO2 anfällt – und drücken den CO2 Durchschnitt nach unten. Je mehr E-Autos verkauft werden, desto eher gelingt es VW und der anderen Autoherstellern,  ihre Flottenziele zu erreichen und Milliarden Euro Strafzahlungen zu vermeiden.

Damit diese Rechnung aufgeht,  müssen zwei Seiten mitspielen: die Kunden und die Steuerzahler. Die Kunden müssen in großer Zahl E-Autos kaufen. Da diese viel teuer sind als Autos mit fossilem Antrieb, sind VW und die gesamte Autobranche darauf angewiesen, dass die Staaten – sprich Steuerzahler – der E-Mobilität mit Geld-Prämien, Steuer- und sonstigen Vorteilen auf die Sprünge helfen. Vehementer als andere Konzerne verlangt VW massive öffentliche Subventionen zugunsten der E-Mobilität.

Umweltfreundlich ist die E-Mobilität aber erst, wenn der zusätzliche Strom aus erneuerbarer Energie kommt. Auch hier sollen die Kunden und die Staaten in ihre Börserl greifen: nicht-fosssile Energie kostet mehr und muss in genügender Menge bereitgestellt werden. Noch höhere Aufschläge für „Ökostrom“ und womöglich staatlich geförderte Investitionen in Stromleitungen sind die Folge.

Um ein E-Auto fahren zu können, braucht es genug öffentlich zugängliche Stromtankstellen, flächendeckend in ganz Österreich. Auch hier sind Kunden und Saaten gefordert. Es müssen neue Tankstellen an vielen Plätzen gebaut und zusätzliche  Stromleitungen gelegt werden: bis in die letzten Häuser in den hintersten Tälern. In den Städten muss in Ladestationen in privaten Garagen investiert werden.

So richtig attraktiv werden E-Fahrzeuge erst, wenn sie in einer Kaffee-Pause von 15 bis 20 Minuten schnell aufgeladen werden können. Dafür sind aber extra starke Stromleitungen nötig,  die es noch nicht gibt, vor allem nicht auf den Autobahnen.

Die Autokonzerne machen also Druck auf Staaten und Steuerzahler, drohen mit enormen Arbeitsplatzverlusten. Dass Konzerne versuchen, ihre glänzenden Gewinne auch in die Zukunft zu retten, ist – aus ihrer Sicht – zwar  verständlich. Nicht verständlich ist – aus Sicht der betrogenen Käufer – dass die Staaten diesem Druck bedingungslos nachgeben, ohne ihnen – im Gegenzug – ein sinnvolles Entgegenkommen abzuringen.

Das Minimum ist, die Abgasbetrüger und CO2-Schwindler dazu zu zwingen, den angerichteten Schaden für Umwelt und Verbraucher wieder gut zu machen. Nachrüstungen für manipulierte Dieselfahrzeuge gehören, dort wo es Sinn macht, ebenso dazu wie wirksame Kontrollen, dass so ein Betrug künftig nicht mehr vorkommen kann.

Überfällig ist die Einführung einer effizienten Sammelklage für Massenschäden in Österreich. Das,  was wir derzeit haben, ist nur eine armselige Krücke, mit der es gilt, einen  davon flitzenden Porsche einzuholen!

Über beides – Nachrüstungen und effiziente Sammelklage – schweigt sich Österreichs Regierung beharrlich aus. Stattdessen versucht Verkehrsminister Norbert Hofer, die Wähler mit Tempo 140 auf ein paar Autobahnkilometern zu ködern.