“Europas Raffinieren haben seit Kriegsbeginn ihre Netto-Gewinnmargen fast verdreifacht, stellte die Österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) fest. Seit Februar verteuerte sich ein 50 Liter-Tank für Diesel um 24,60 Euro, für Benzin um 25,80 Euro. Davon ist etwas mehr als die Hälfte auf gestiegene Rohölpreise zurückzuführen, der Rest auf saftigere Brutto-Margen der Raffinerien. Dass die BWB keinen Verstoß gegen Wettbewerb fand, liegt auf der Hand. “
Europas Raffinieren haben seit Kriegsbeginn ihre Netto-Gewinnmargen fast verdreifacht. Das hat die Branchenuntersuchung der Österreichischen Bundes-Wettbewerbsbehörde (BWB) ergeben. Von Februar bis Anfang Juni hat sich eine 50 Liter-Tankfüllung Diesel um 24,60 Euro verteuert (Benzin um 25,80 Euro). Davon sind 13,20 Euro auf höhere Rohölpreise und 11,40 Euro auf dreifach gestiegene Brutto-Margen der Raffinerien zurückzuführen. Dass die BWB dennoch keinen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht feststellt, liegt auf der Hand. Denn zwischen den Raffinerien gibt ohnehin nur einen eingeschränkten Wettbewerb, der in Österreich sogar noch eingeschränkter ist als in Deutschland. Meiner Meinung nach könnte Österreich dagegen etwas tun, wenngleich es sicherlich sinnvoll ist, dass die BWB den Ball an die Europäische Kommission weiterzuspielt .
Im Gebirge sind manipulierte Dieselautos stets im Dreckmodus unterwegs, selbst jetzt im Sommer. Eine zweite illegale Abschalteinrichtung sorgt dafür, dass ab 1.000 Meter Bergeshöhe die Abgasreinigung (AGR) das ganze Jahr über ausgeschaltet bleibt. Diese höhenabhängige Abschalteinrichtung ist ebenso illegal wie die sog. “Thermofenster”, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH). Österreich, das Land der Berge mit 135 Orten oberhalb 1.000 Metern ist davon am stärksten betroffen, davon vor allem Tirol, wo 84 dieser Orte liegen.
Der EuGH hat „Thermofenster“ in Dieselautos grundsätzlich für illegal erklärt, es den nationalen Gerichten aber überlassen, über Ausnahmen zu entscheiden. Das neueste EuGH-Dieselurteil stärkt Klägern inhaltlich den Rücken, löst die Blockaden bei Gericht und eröffnet möglicherweise Chancen zu weiteren Klagen. Allerdings können die nationalen Gerichte die Klagen gegen VW jetzt nicht einfach durchwinken. Denn der EuGH gibt stets nur den Rahmen vor und hat den nationalen Gerichten die Entscheidung überlassen, ob sie Ausnahmen zulassen. Dabei haben die Höchstrichter in Luxemburg ihnen so enge Grenzen gesetzt, dass sie zu keinem anderen Ergebnis kommen können, als „Thermofenster“ ebenfalls zu verbieten.
Was hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) genau
entschieden? Es ist unzulässig, die Abgasreinigung von Dieselautos die meiste
Zeit im Jahr auszuschalten und sie funktioniert, wenn es draußen zwischen +15
und +33 Grad Celsius hat. Sinn einer Abgasreinigung ist es ja, dass die Autos
die Grenzwerte für das schädliche Abgas Stickoxid (NoX) einhalten, die Umwelt
nicht gesetzwidrig zu verpesten und die Gesundheit der Menschen nicht zu
gefährden. In Österreich mit einer Jahrestemperatur von durchschnittlich 7,4
Grad ist sicher: ein derart programmiertes „Thermofenster“ führt dazu, dass die
Abgasreinigung „überwiegend“ abgeschaltet bleibt, was grundsätzlich unzulässig
ist.
In aller Klarheit stellte der EuGH fest, dass solche
Abschaltungen auch dann illegal sind, wenn sie von nationalen Behörden
zugelassen wurden, die Autos eine aufrechte Typengenehmigung haben oder erst im
Zuge eines Software-Updates aufgespielt wurden.
Da VW beim gesetzlich verordnetem Rückruf genau solche
„Thermofenster“ im Zuge des Software-Updates aufgespielt hat, die von der
zuständigen deutschen Zulassungsbehörde auch genehmigt worden sind, hätte das
Urteil gravierende Folgen für den Konzern: 8,4 Millionen Autos in ganz Europa
wären illegal, davon 380.000 in Österreich. Sie müssten womöglich ersetzt,
repariert oder zurückgekauft werden. Nicht nur die zurückgerufenen VW Autos mit
dem EA 189 Motor (auf die sich das EuGH Urteil direkt bezieht), wären illegal,
sondern auch jene „Thermofenster“, die in anderen Automarken mit einer technisch
gleichartigen Abgasreinigung (AGR) eingebaut wurden, wie Mercedes, Fiat, Opel,
Ford und Renault.
Zehntausende
anhängige Gerichtsverfahren, bei denen das EuGH-Urteil abgewartet wurde, kommen
jetzt wieder in die Gänge. So auch die Sammelklagen des Vereins für
Konsumentenschutz (VKI) mit 10.000 Betroffenen, die seit 2018 laufen sowie
Tausende individuelle Klagen gegen VW, speziell in Österreich und Deutschland.
Hierzulande muss der Oberster Gerichtshof (OGH) also
entscheiden, ob „Thermofenster“ zum Schutz des Motors ausnahmsweise zulässig
sind, wie dies der milliardenschwere Konzern und die deutsche Bundesregierung
argumentieren. Konkret ist zu prüfen ob: a) diese Abschalteinrichtungen
technisch notwendig waren, um den Motor vor schwerwiegenden Schaden zu schützen
und den sicheren Betrieb zu gewährleisten und ob b) es zur damaligen Zeit keine
alternative Technologie gegeben hätte.
Für Experten wie Dr. Axel Friedrich, der mit unzähligen
Messungen für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ganz wesentlich zur Aufdeckung des
VW Skandals beigetragen hat, liegt es auf der Hand, dass keine Ausnahmen
gestattet werden können.
Zu a) Ein Auto, das nur dann sicher fahren kann, wenn die Abgasreinigung
öfters abgeschaltet als eingeschaltet ist, dürfte schon aus Sicherheitsgründen
nicht auf den Markt kommen. Es darf nicht sein, dass eine Ausnahme öfter
vorkomme als die Regel, denn das würde ja dem Sinn des Gesetzes zuwiderlaufen,
gibt der EuGH in seinem Urteil vor.
Zu b) Technische Alternativen zum Abgasrückführungssystem
(AGR) gibt es schon seit 2008, als die Produktion der beanstandeten VW Dieselautos
begonnen hat. Damals wurden Modelle von VW, Audi, Daimler und BMW, in die USA exportiert und waren bereits mit
dem viel aufwendigeren SCR Katalysator und AdBlue ausgestattet. Doch letztere kostete
500 Euro pro Fahrzeug und war viel teurer als die billige AGR mit 30 Euro. Hier
kommt wieder der EuGH ins Spiel, der in seinem Urteil zweifelsfrei festlegt,
dass höhere Preise kein Hindernisgrund sein dürfen, eine bessere alternative
Lösung einzubauen.
Dass VW und die deutsche Regierung mit allen Mitteln
versuchen, sich mit einer Ausnahme-Erlaubnis zu retten, ist kaum verwunderlich.
Es ist auch die konsequente Fortsetzung der Konzernstrategie, technische Fakten
in Zweifel zu ziehen, um die (technisch unbedarften) Gerichte zu verwirren,
Klagen zu gewinnen, Urteile zu verzögern und potenzielle Kläger abzuschrecken.
Gut in Erinnerung ist, wie VW Anwälte eiskalt abstritten,
dass man in Europa – anders als in Amerika – die Abgasgrenzwerte nur am Prüfstand
einhalten müsse und nicht auf der Straße. Ein kompletter Unsinn, wie sich mit
dem EuGH-Urteil von Dezember 2020 herausstellte. Ein weiteres Argument von vor
Gericht (etwa in Linz) war, dass es auf die Einstellung der Käufer ankomme, ob
ihnen die Umwelt beim Autokauf wichtig gewesen wäre. Ein weiterer Unsinn, mit
dem das jetzige EuGH-Urteil ebenfalls aufräumt: Natürlich kommt es nicht auf
die Gesinnung der Käufer an, sondern auf die Tatsache, dass die Kunden nicht
das bekommen haben, wofür sie zahlten.