Alle Software-Updates illegal?

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Wasser auf den Mühlen der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dass EU-Generalanwalt Rantos die sog. „Betrugsfenster“ (Thermofenster) bei Diesel-Autos als illegal eingestuft hat. Konkret lässt die DUH über ihren Anwalt Remo Klinger (Foto) vor dem Europäischen Gericht in einem eigenen Verfahren klären, ob auch jene Autos ihre Typengenehmigungen verlieren, deren Thermofenster von der deutschen Zulassungsbehörde genehmigt worden sind. Wenn ja, wären Millionen VW Autos in ganz Europa illegal unterwegs, die ein Software-Update hinter sich haben!

Der Reihe nach: Der EuGH-Generalanwalt hält es in seinen Schlussanträgen für illegal, dass die Abgasreinigung von Diesel-Autos – abhängig von der Außentemperatur – komplett oder schrittweise zurückgeschaltet werden und somit viel mehr schädliche Abgase in die Luft jagen als gesetzlich erlaubt. Im konkreten Fall ging es um einen gebrauchten Mercedes, dessen Abgasreinigung nur zwischen 20 und 30 Grad Außentemperatur perfekt funktioniert, sie dann aber schrittweise außer Kraft setzt, wenn die Temperaturen unter 20 oder über 30 Grad sinken bzw. steigen.

Solche „Betrugsfenster“ sind selbst dann verboten, wenn sie auf der Straße und im Testlabor völlig gleich funktionieren und dafür keine eigene Umschaltung eingebaut wurde, befindet der Generalanwalt. Da bei der Typisierung im Testlabor die Temperaturen stets zwischen 20 und 30 Grad liegen, funktioniert das Abgasreinigungssystem dort ja perfekt ( selber Schuld wer an Zufall denkt!) und die vorgeschriebenen Abgasgrenzwerte konnten locker eingehalten werden. Auf der Straße hingegen, wo die meisten Monate des Jahres viel niedrigere Temperaturen vorherreschen, ist der Ausstoß von schädlichen Abgasen viel zu hoch.

Die Ansichten des Generalanwaltes, die erst noch vom EuGH bestätigt werden müssen (was sehr wahrscheinlich aber nicht sicher ist), wirken sich zunächst auf alle Autohersteller aus, die bisher zwar die Existenz solcher „Thermofenster“ zugegeben haben, sie aber aus zwei Gründen als völlig legal dargestellt haben. Sie seien erstens zum Schutz des Motors zulässig. Zweitens habe man – im Gegensatz zu VW – nicht eigens von einem Saubermodus (im Testlabor) in einen Schmutzmodus (auf der Straße) umgeschaltet und damit niemanden betrogen. Vor allem Daimler-Mercedes, aber auch Fiat und Opel (die nun beide zu Stellantis gehören), Renault, Ford und Suzuki haben bisher so argumentiert.

Wenn sich die DUH vor dem Europäischen Gericht mit ihrer Rechtsansicht durchsetzt, werden die verbotenen „Betrugsfenster“ zu einem gravierenden Problem auch für den VW Konzern bzw. für Deutschland. Dokumente, die von der DUH gerichtlich herausgeklagt wurden, belegen, dass bei Software-Updates für manipulierte Diesler des VW-Konzerns solche „Betrugsfenster“ von der deutschen Zulassungsbehörde genehmigt worden sind, zum Beispiel für den Golf. Diese deutsche Zulassungsbehörde, das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), ist für die Zulassung bzw. die Software-Updates von ganz Europa zuständig. Hätte sie tatsächlich bei allen VW-Betrugsdieseln diese illegalen Thermofenster als legal eingestuft, droht Millionen von Fahrzeugen der Verlust der Zulassung: 8,5 Millionen manipulierte Pkw des VW Konzerns mussten wegen Abgasmanipulation europaweit per Gesetz zurückgerufen werden, davon allein 2,5 Millionen in Deutschland und knapp über 400.000 in Österreich.

Die betroffenen Dieselkäufer haben zwar Anspruch auf Schadenersatz. Ob und wann sie den aber sehen werden und wie hoch er ausfallen wird, steht in den Sternen.