Mercedes-Musterklage bisher Flop?

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Sehr spät hat der vzbv nach jahrelangen Querelen rund um Abgasmanipulationen bei Daimler-Mercedes am 7. Juli 2021 eine Musterfeststellungklage gegen Mercedes eingebracht, seit 3. November 2021 kann man sich ins Klagregister eintragen. Der große Nachteil: die Musterfeststellungsklage umfasst nur einen kleinen Teil sämtlicher gesetzlich zurückgerufener Modelle. In Zahlen: Ziemlich unbeachtet von der Öffentlichkeit wurden allein in Deutschland 570.000 Mercedes-Dieselautos amtlich zurückgerufen, wegen Abgasmanipulation. Die Musterfeststellungsklage beschränkt sich auf die genannten 49.500. Das sind nicht einmal 10 Prozent aller amtlich zurückgerufenen Diesel!

Etwas besser schaut es in Österreich aus: da  4.300 Autos von 37.000 zwangsweise zurückgerufenen Autos unter die deutsche Sammelklage, etwas über 10 Prozent. Weltweit schaut es so aus: von den 1,4 Millionen amtlich zurückgerufenen Autos fallen  knapp 120.000 in die Kategorie der MFK.

Ein wichtiger Grund, warum es sich lohnt, bei der MFK mitzutun ist, dass die Verjährung der Ansprüche automatisch gehemmt wird, sobald man sich ins Register eingetragen hat. Das Gute daran: die Verjährung wird bereits ab dem Zeitpunkt der Einbringung der MFK gestoppt, also mit 7. Juli 2021 und nicht erst, wenn man sich ins Register einträgt, Hausnummer am 3. Februar 2022 . Das ist wichtig, weil einige der genannten Mercedes-Modelle bereits 2018 zurückgerufen wurden und (nach deutschem Recht) bereits Ende 2021 verjährt gewesen wären.

Selbst wenn die deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband auch diesmal wieder ausländische Kläger vor etwaigen Vergleichsverhandlungen ausschließen sollte wie im Falle VW, hat ein Mittun für Österreicher den Vorteil, die Verjährung zu stoppen, sodass man ein halbes Jahr nach Ende der MFK noch immer individuell gegen Mercedes vor Gericht ziehen kann. Die deutschen Höchstrichter haben ausdrücklich erlaubt, dass man sich zuerst an der MFK beteiligen und anschließend individuell klagen kann.

Zurück zu Mercedes und zum laufenden Musterfeststellungsverfahren und zu praktischen Details: Wer seinen GLK bzw. GLC gebraucht gekauft hat oder sein Auto inzwischen weiter verkauft hat, kann trotzdem an der MFK teilnehmen. Wichtig bei Gebrauchtautos: das Software-Update darf nicht schon unter dem Vorbesitzer aufgespielt worden sein, sondern in der Zeit, in der man das Auto bereits besessen hat.

Ziel einer MFK ist es, einen Generalvergleich auszuhandeln, wie im Falle VW auch geschehen. Wem das Ergebnis nicht passt, hat danach sechs Monate Zeit,  vor Gericht zu ziehen und eine individuelle Klage einzubringen. VW hatte die österreichischen und Südtiroler Beteiligten aus dem Vergleich ausgegrenzt und mehrere Hunderte der Geschädigten haben danach mit Hilfe des Verbraucherschutzvereins und eines Prozessfinanzierers VW individuell in Deutschland geklagt. Die ersten Verfahren endeten mit einem Vergleich (über den man Stillschweigen wahren musste), weitere Verfahren wurden gerichtlich durchgefochten. An die 20 Verfahren sind bisher zu gunsten der Kläger beendet worden, gegen andere Verfahren legte VW Berufung ein, obwohl diese Fälle, rein rechtlich gesehen, g’mahnte Wiesen sein sollten, weil diese Auto den Betrugsmotor EA 189 eingebaut hatten. Ein wichtige Grund für das Vorgehen von VW ist, potenzielle Kläger abzuschrecken.  Da vom erstrittenen Schadenersatz Nutzungsentgelt für die inzwischen gefahrenen Kilometer abgezogen wird, reduziert sich die von VW zu zahlenden Summe, je länger mit den Autos gefahren wird.  Am Ende einer langen Klagsgeschichte könnte dann für den Kläger wenig übrig bleiben.

Demnächst wird in Deutschland entschieden, ob diese Verfahren vor deutschen Gerichten nach österreichischem Recht durchgeführt werden, sofern die Autos auch in Österreich gekauft wurden. Das wird spannend, denn in Österreich beträgt die Verjährungsfrist u.a 30 Jahre und nicht 3 Jahre wie in Österreich. Die bisher erzielten Urteile betreffen in erster Linie Österreicher und Südtiroler, die ihre Fahrzeuge direkt in Deutschland gekauft hatten.