VW setzt weiter auf Zeitschinden

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Am 13. April 2021 hatte es die dritte Verhandlung beim Handelsgericht Wien in einer der 16 VKI Sammelklagen gegen VW gegeben. „Gleich zu Beginn der rund dreistündigen Verhandlung wurde ein weiteres Mal eine mögliche Vergleichsbereitschaft von VW erörtert. Der Anwalt von VW erklärte, dass es seitens VW kein grünes Licht gäbe und er nicht mehr dazu sagen könne.“, berichtet Mag. Wolf. Auf Nachfrage, warum in Deutschland eine vergleichsweise Lösung innerhalb der Musterfeststellungsklage für Hunderttausende möglich war und VW in Österreich nicht dazu bereit wäre, meinten die VW-Anwälte, dass erst einige rechtliche Grundsatzfragen durch die österreichischen Gerichte entschieden werden müssten. Wolf: „Damit wird deutlich, dass VW auf Zeit spielt und versucht die Verfahren in die Länge zu ziehen.“

Erfreulicherweis stellte die Richterin fest, dass die VKI-Sammelklage rechtlich zulässig und inhaltlich schlüssig sei, was von VW-Seite bestritten worden war. Die Richterin lehnte es auch ab, wie von VW beantragt, das Verfahren zu unterbrechen, bis der Europäische Gerichtshof (EuGH) über temperaturabhängige Abgasreinigung (“Thermofenster”) entscheidet. „Sie möchte das Verfahren zügig weiterführen“, meint die VKI-Juristin.

Nun brachten die VW Anwälte – wie auch schon in Deutschland – das Argument vor, dass VW gar nicht für ihre Marken Audi, Seat und Skoda haftbar sei. Der VKI hält dieses Vorbringen für verfehlt, weil VW den in den Fahrzeugen eingebauten manipulierten Motor EA 189 hergestellt hat. Dem Konzern ist daher die unzulässige Manipulation auch bei den drei genannten Marken zuzurechnen. Die Richterin wird im Herbst zu dieser Frage der “Zurechenbarkeit” einige vom VKI genannte hochrangige Zeugen vernehmen und hat dafür zwei Verhandlungstermine festgelegt. In Deutschland haben Gerichte diese Frage bereits zugunsten der Kläger entschieden. Denn VW produzierte die Betrugsmotoren EA 189 auf sog. Plattformen für mehrere seiner Konzernmarken. So haben alle „kleinen“ Audis (4 Zylinder, bis 2 Liter) einen Motor eingebaut, der auf einer VW Plattform erzeugt wurde. Umgekehrt produziert Audi für größere 6 und 8 Zylindermotoren (über 2 Liter) die Motoren, darunter auch für den VW Touareg.

Bei den VKI Sammelklagen geht es um Wertminderung durch die manipulierten Motoren. Ein Streitpunkt ist, wie groß die Wertminderung der Autos durch den Einbau der Betrugsmotoren ist. Der VKI verlangt dafür 20% des ursprünglichen Kaufpreises. Zur Feststellung der Schadenersatzhöhe wird ein Gutachten erstellt. Damit der Sachverständige den Schaden beurteilen kann, muss die Richterin Methodik und Parameter der Schadensbeurteilung klären und vorgeben. Das soll in Abstimmung mit den VKI-Anwälten passieren.

Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass VW bei seinen Vergleichen für die deutschen Kläger der Musterfeststellungsklagen rund 15% angeboten hat. Das wäre  – aus meiner Sicht – ein brauchbarer Ansatz für Vergleiche in Österreich.

Warum VW in Österreich weiterhin auf Verzögerung setzt, ist für Mag. Wolf nicht nachvollziehbar. „Anders als bei Betrugsklagen spielt das Nutzungsentgelt bei unserem Schadenersatzverfahren keine Rolle“, klärt Mag. Wolf auf. Die gefahrenen Kilometer werden also nicht vom Schadenersatzgeld abgezogen. „Vielmehr steht den Klägern Zinsen von 4% des ursprünglichen Kaufpreises zu. Pro Jahr. Und zwar seit dem Zeitpunkt, in dem geklagt wurde“.

Bei einem Kaufpreis von 25.000 sind pro Jahr also 1.000 Euro Zinsen fällig. Da die VKI Sammelklage vor drei Jahren (2018) eingebracht wurden, wären somit 3.000 Euro an Zinsen fällig. Dazu kommt noch der erstrittene Schadenersatz.