VW: Niederlage durch Höchstgericht

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Für Kläger aus Österreich und Südtiroler kommt noch ein wichtige Aspekt hinzu. Bekanntlich hat VW den Vergleich im Musterfeststellungsverfahren nur deutschen Klägern angeboten und alle Ausländer davon ausgeschlossen. Österreicher und Südtiroler, die jetzt in Deutschland individuell mit Hilfe des Verbraucherschutzvereins (VSV)und einen Prozessfinanzierer klagen, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit besser aussteigen als die 235.000 Deutschen, die durch den VW-Vergleich im Schnitt 3.000 Euro bekommen haben.

Der BGH-Wermutstropfen für Kläger: VW muss zwar den Kaufpreis zurückzahlen, darf davon aber ein Nutzungsgeld für die gefahrenen Kilometer behalten. Je mehr also gefahren wurde, desto niedriger der Schadenersatz.

Der BGH-Zuckerlöffel: In seinem Spruch hat der BGH eine Bremse eingebaut, damit VW künftig die Gerichtsverfahren nicht künstlich in die Länge zieht: für die Zeit zwischen dem Einreichen der Klage und dem Urteil muss VW seinem Kunden Zinsen zahlen (5% des Kaufpreises).

Im Juli geht’s mit VW Causen beim BGH munter weiter: dann wird es z.B. ein Urteil über jene Autos geben, die nach September 2015 verkauft worden sind.

Fünf Aspekte sind aber schon heute sonnenklar:

Erstens: Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, aber doch. Es hat fast fünf Jahre seit dem Platzen des Dieselskandals gedauert, bis dieser Betrug nun auch „amtlich“ also solcher statuiert wurde!

Zweitens: Nur wer sich wehrt, gewinnt. Profitieren können vom BGH-Spruch nur Käufer, die aktiv wurden und VW in irgendeiner Form geklagt haben oder noch klagen werden. Momentan sind das rund 70.000 Verfahren, deren Gewinnchancen jetzt deutlich gestiegen sind. Einige Tausende werden noch dazu kommen, sofern die Fristen nicht verjährt sind.

Drittens: VW ist mit einem blauem Auge davongekommen. VW hat es mit seiner Verzögerungstaktik, abenteuerlichen Behauptungen („nur ein paar Ingenieure“, „nur in den USA wurde geschummelt“, „Abschalteinrichtungen sind in Europa nicht verboten“) und einem Heer von Anwälten geschafft, den Großteil der betrogenen Kunden von Klagen abzuschrecken. Allein in Deutschland wird der Konzern am Ende wohl nur – hoch geschätzt –  400.000 Käufern von manipulierten Dieselautos in irgendeiner Form etwas bezahlen müssen. Ein Klacks, bei 2,5 Millionen verkauften Betrugsdiesel in diesem Land.

Viertens: Widerstand muss unabhängig, international und organisiert sein. Ohne den langen und energischen Atem beherzter Organisationen und erfahrener Experten wäre der OGH niemals zu diesem Spruch gekommen! Wer sich etwa den zähen Kampf der Deutschen Umwelthilfe (DUH), ihres engagierten Geschäftsführers Dr. Jürgen Resch und seines versierten Technik-Doyen Dr. Axel Friedrich vor Augen hält, merkt erst, wieviel Gehirnschmalz, Energie, Ausdauer und Geld in all diese Tests und Rechtsverfahren investiert werden musste, um dem Recht Durchbruch zu verschaffen – gegen Konzerne, Behörden und Politik!  Völlig unabhängige und grenzüberschreitend agierende Verbraucherschutzorganisationen wie der VSV mit seinem Obmann Dr. Peter Kolba gehören ebenso dazu wie ich selbst als Expertin und Betroffene, die wir auch in einem Buch versucht haben, wichtige  Infos sachlich zusammenzutragen und aufzubereiten.

Fünftens: Ohne die Kraft der Medien wären diese Erfolge auch nicht möglich gewesen. In Österreich haben zwar auch manche Medien deutlich zu spüren bekommen, was es heißt, wenn sich ein großer Inserent dringend wünscht, bei Dieselgate „den Ball flach zu halten“. Trotzdem haben viele

edien dieses heikle Thema nachhaltig begleitet, allen voran Qualitätsmedien, öffentlich-rechtliche Sender oder Agenturen, einschlägige Nachrichtenmagazine oder seriöse Fachzeitungen