VW: Chance auf echte Sammelklage

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Bei einer „echten“ Sammelklage werden alle rechtlich relevanten Fragen ein für alle Mal geklärt. Die betroffenen Konsumenten müssen zwar ihre Verfahren weiterhin individuell einreichen, doch ihre Kosten und Risiken werden gesenkt.

Derzeit gibt es in hierzulande keine „echte“ Sammelklage, sondern nur zwei rechtliche Hilfskonstruktionen: die Verbandsklage und die Sammelklage österreichischer Art.

Bei der Verbandsklage dürfen nicht die betroffenen Konsumenten klagen, sondern stets nur ein Verband, z.B der Verein für Konsumenteninformation (VKI) oder die Arbeiterkammer.  Weiterer Nachteil: Man kann damit keinen Schadenersatz für Verbraucher erstreiten, sondern nur eine Änderung der Regeln in der Zukunft.

Bei der Sammelklage österreichischer Art können ebenfalls nur gewisse Institutionen klagen, etwa der VKI. Die geschädigten Verbraucher sind dabei nicht mehr Herr des Verfahrens. Im Erfolgsfall erhalten nur jene Konsumenten einen Schadenersatz, die sich an der Sammelklage beteiligt haben und nicht automatisch alle Geschädigten.

Im Falle von VW laufen auf drei Ebenen Verfahren.

Erstens: 70 bis 100 zivilrechtliche Klagen von Verbrauchern, die individuelle Rechte haben, wie z.B. Gewährleistung. In 15 Fällen gibt es schon gerichtliche Urteile, davon 11 zugunsten von VW und 4 zugunsten der Auto-Halter. VW stellt sich auf dem Standpunkt, dass man die Schummel-Software beim Update entfernt und daher den Mangel ohnehin behebe, sodass kein dem Verbraucher kein Schaden entstünde.

Zweitens: Der VKI hat eine Sammelaktion gestartet (keine Sammelklage!), bei der 28.000 VW Fahrzeughalter aus Österreich mitmachen. Über eine holländische Stiftung, an der sich über 100.000 Betroffene aus ganz Europa beteiligen, wird ein Generalvergleich angestrebt. VW soll dafür zahlen,  falls die manipulierten Autos beim Weiterverkauf an Wert verlieren. So ein Vergleich setzt aber voraus, dass VW einlenkt. Bisher hat VW alle Verhandlungen mit der holländischen VW Car Stichting abgelehnt. An der VKI-Sammelaktion kann man sich weiterhin beteiligen, sie ist kosten- und risikolos.

Drittens: Gegen VW wurde bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch strafrechtliche Anzeigen wegen schweren Betrugs eingebracht. Die WKStA hat die Ermittlungen inzwischen zwar an die deutsche Staatsanwaltschaft Braunschweig abgetreten. Über den VKI kann man sich aber weiterhin als Privatbeteiligte anschließen –  gegen einen Kostenbeitrag von 90 Euro. Für den Fall, dass VW strafrechtlich verurteilt werden sollte, kann man als Privatbeteiligte auf Schadenersatzzahlungen durch VW hoffen. 4000 Betroffene haben bereits – so wie ich – diesen Weg beschritten.